Pressemitteilung

08.November 2013

Rülke: Grün-Rot hat viel versprochen, aber in den meisten Fällen nichts geliefert – das ist ungenügend

„Die Halbzeitbilanz der grün-roten Landesregierung ist außerordentlich bescheiden. Das stellen jetzt auch die Bürger immer mehr fest. Die jüngsten Umfragen zeigen: Grün-Rot ist schon nach zweieinhalb Jahren eine Regierung auf Abruf.“ Dies sagte der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Hans-Ulrich Rülke, auf einer Landespressekonferenz zum Thema „Halbzeitzeugnis für die grün-rote Landesregierung“. Nach den Worten von Rülke habe die Landesregierung bei Ihrem Antritt im Frühsommer 2011 viel versprochen, aber in den meisten Fällen bis heute nichts geliefert. Statt den Landeshaushalt zu konsolidieren, wolle Grün-Rot bis zum Jahr 2020 neue Schulden in Milliardenhöhe anhäufen, obwohl die „Steuereinnahmen explodieren wie noch nie“, so Rülke. In der Bildungspolitik sei zu konstatieren, dass die Stimmung an den Schulen des Landes, bei Lehrern und Eltern noch nie so schlecht war  wie in diesen Tagen. Selbst die Grün-Rot normalerweise positiv zugewandten Lehrerverbände stellten der Landesregierung ein schlechtes Zeugnis aus. Auch die grünen Ankündigungen einer Energiewende seien mehr als mau – so wolle man bis zum Jahr 2020 rund 1200 Windräder bauen, bis zur Mitte der Legislaturperiode habe Grün-Rot gerade erst 22 in Stellung gebracht. Die Landesregierung nenne sich selbst eine Bürgerregierung, die die sich einer Politik des Gehört-werdens verschrieben habe. Doch dort, wo ihr es nicht ins Konzept passe, komme das Gegenteil heraus, so zum Beispiel beim geplanten Nationalpark Nordschwarzwald, wo das Nein der betroffenen Bürger einfach überhört werde. Rülkes Fazit: „Die Bilanz der grün-roten Landesregierung nach zweieinhalb Jahren ist: ungenügend.“

Beispielhafte Politikbereiche:

Haushalt und Finanzen:

Nach den Worten von Rülke begann mit dem vierten Nachtrag zum Staatshaushaltsplan 2011, dem ersten grün-roten Haushalt, eine stark expansive Ausgestaltung der Haushalte: 2011 sei das Haushaltsvolumen um 5,2 Prozent gewachsen, mit dem Haushaltsplan 2012 noch einmal um 5,7 Prozent und mit dem Haushaltsplan 2013 erneut um 4,8 Prozent. Rülke: „Damit wurden Fakten geschaffen, die nicht so schnell rückgängig zu machen sind, ganz davon abgesehen, dass Zeit verschenkt worden ist, die bei Rekordsteuereinnahmen für eine konsequente Konsolidierung des Haushalts hätte genutzt werden können.“

Der Fraktionsvorsitzende führte aus, dass Grün-Rot in den Diskussionen um die Steigerungsraten des Haushalts gern auf das Erreichte verweise: beispielsweise auf die deutlich verbesserten Leistungen an die Kommunen im Bereich der Kinderbetreuung, für die zusätzlich über 300 Millionen Euro pro Jahr bereitgestellt worden sind. Diese Verbesserungen seien allerdings zu 100 Prozent über die Erhöhung der Grunderwerbsteuer von 3,5 auf 5 Prozent finanziert, so Rülke. Deshalb tauge der Bereich Kinderbetreuung nicht als Beispiel einer neuen grün-roten Prioritätensetzung in dem Sinne, dass für neue Prioritäten und deren Finanzierung auf alte verzichtet worden wäre.

Die Übersicht von Projekten, bei denen Grün-Rot mit Wirkung auf den Haushalt neue Akzente gesetzt hat, zeige zugleich auch deren Fragwürdigkeit:

  • Auf 170 Millionen Euro an Studiengebühren wurde verzichtet, die Hochschulen erhalten aus dem Landeshaushalt entsprechende Ausgleichszahlungen.
  • Das Projekt „freiwilliges Lebensarbeitszeitkonto“ mit jährlich um 20 Millionen Euro ansteigenden, in der Endstufe mit 160 Millionen Euro taxierten Einsparungen im Haushalt wurde gestoppt und beiseite gelegt, obwohl hierzu eine Einvernehmen mit den Berufsverbänden der Beamten vorlag.
  • Das 1480er Stellenabbauprogramm wurde um vier Jahre von 2016 auf 2020 verlängert, entsprechende Einsparungen wurden damit hinausgeschoben.
  • In den Ministerien, insbesondere in den neugeschaffenen Ministerien für Verkehr und Infrastruktur sowie für Integration, wurden ohne Maß und Ziel neue Stellen geschaffen. Insgesamt allein in den Ministerien 200 zusätzliche Stellen, das ist eine Steigerung um sieben Prozent.
  • Das Prestigeprojekt Gemeinschaftsschule wird gegenüber anderen Schulen chronisch bevorzugt, durch die Ausstattung mit Lehrern, die Ausstattung als Ganztagsschulen und durch kleinere Klassen.
  • Unsinnige und teure Doppelstrukturen im Bereich von G8 und G9 werden geschaffen und andere Wege zur Hochschulreife werden gleichzeitig behindert.
  • Eine unsinnige und regional unausgewogene Polizeireform wird Millionen und Abermillionen kosten. Mehr Polizei auf der Straße wird sein – aber nicht mehr Polizei zur Verbesserung der inneren Sicherheit, sondern mehr Polizisten auf dem Weg zu ihren neuen, weit entfernten Arbeitsplätzen.

Rülke: „Dies zeigt, die Erblast, von der Vertreter der grün-roten Koalition fortwährend sprechen, wenn von Haushaltskonsolidierung die Rede ist, ist inzwischen die Erblast ihrer eigenen Beschlüsse und Maßnahmen aus den letzten zweieinhalb Jahren. Hätte Grün-Rot es nur geschafft, den Haushalt in den letzten Jahren weniger stark anwachsen zu lassen, dann könnten wir jetzt ganz anders über einen Ausstieg aus der Neuverschuldung sprechen.“ Dennoch blieben – könnte man einen entsprechenden politischen Ehrgeiz unterstellen –, genügend Spielräume, das Ziel der Nettoneuverschuldung Null mindestens mit Ende des Haushaltsjahres 2016 zu erreichen. „So ist das Ziel der Landesregierung, erst ab dem Jahr 2020 keine weiteren Schulden aufzunehmen, viel zu wenig ambitioniert und nicht zu verantworten“, sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende.

Als Kompromissangebot schlägt die FDP-Landtagsfraktion vor, das Ziel der Netto-Neuverschuldung Null mit dem Ende des Jahres 2016 zu erreichen. Der erste Gesetzentwurf der Liberalen vom Herbst 2011 sah ein Inkrafttreten der Schuldenbremse zum 1. Januar 2012 vor. Grün-Rot lehnte beide Vorschläge ab, und will sich mit der Schuldenbremse bis zum Jahr 2020 als letztmöglichen Termin Zeit lassen.

Immer wieder brüste sich die Landesregierung damit, so Rülke weiter, noch keinen Euro neue Schulden gemacht zu haben. Dies zeige, dass ausgeglichene Haushalte möglich seien. Es gebe auch keine tatsächlichen Einsparungen. Nur auf dem Papier werde getrickst. 340 Millionen von den Kommunen, 120 Millionen von der LBBW, 100 Millionen aufgrund der Zinsentwicklung. All dies werde als Einsparung verkauft, sei aber keine.

Schulen/Frühkindliche Bildung

Wie der FDP-Fraktionsvorsitzende ausführte, verschärfe Grün-Rot durch die überstürzte Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung und die privilegierende Einführung der Gemeinschaftsschule die Probleme erheblich, mit denen Schulen und Schulträger infolge der zurückgehenden Schülerzahlen zu kämpfen haben. Diese „demographische Not“ nützten Grüne und SPD aus, um ihr bildungspolitisches Lieblingskind Gemeinschaftsschule den Kommunen aufzunötigen, die zur Rettung ihres von der Schließung bedrohten Schulstandorts das damit verknüpfte pädagogische Konzept in Kauf nehmen müssen. Mit der Etablierung von 42 Gemeinschaftsschulen zum Schuljahr 2012/13 und 87 Gemeinschaftsschulen zum Schuljahr 2013/14 – ohne Bildungsplan und mit einer gerade erst angelaufenen Lehrerfortbildung – schaffe Grün-Rot vollendete Tatsachen und spreche der vom Kultusminister viel zu spät und halbherzig auf den Weg gebrachten regionalen Schulentwicklung Hohn. Über diesen ideologisch motivierten Dirigismus und über den sich dazu gesellenden Dilettantismus versuche die FDP-Landtagsfraktion die Öffentlichkeit aufzuklären und für eine Bildungspolitik einzutreten, in der die Qualität unseres Schulwesens durch Vielfalt, Wettbewerb und Durchlässigkeit der Schularten gesichert und damit für jeden Einzelnen ein Mehr an Bildungschancen eröffnet werde.

Die Liberalen treten deshalb vor allem für die Schularten ein, denen die grün-rote Bildungspolitik das Wasser abgrabe: der Haupt- und Werkrealschule, der Realschule, den beruflichen Schulen und dem Gymnasium. Gleiches drohe auch den Sonderschulen, wenn sich der alte grüne Wunsch nach ihrer Abschaffung durchsetze.

Im Bereich der frühkindlichen Bildung, der eine Schlüsselfunktion für eine gelingende Bildungsbiographie zukommt, sei nach den Worten von Rülke zu kritisieren, dass qualitative Gesichtspunkte bei der grün-roten Landesregierung kaum eine Rolle spielen. Dies gelte  sowohl für den Ausbau der Kinderbetreuungsangebote für unter Dreijährige als auch für das Kindergartenalter, wo trotz vollmundiger Absichtserklärungen bislang nichts für die weitere Umsetzung des Orientierungsplans getan worden sei. Rülke wirft der Landesregierung eine Politik der Nadelstiche gegen die Lehrer und gegen das Gymnasium vor.

 Straßenverkehr

Im Straßenverkehr hat sich nach den Ausführungen von Hans-Ulrich Rülke ein Strategiewechsel vollzogen: Während Minister Hermann früher aktiv gegen den Straßenverkehr argumentiert habe, gehe er jetzt subtiler vor. Es würden Projekte priorisiert und auch die Anmeldungen zum Bundesverkehrswegeplan seien vorzeigbar. Aber es fehle jeglicher Nachdruck und erst recht der Erfolg, beim Bund die notwendigen Mittel einzufordern und für neue systemgerechte Finanzierungsformen einzutreten. Wie wenig Hermann durchsetzungsfähig sei, habe er eindrucksvoll in der so genannten Bodewig-Kommission unter Beweis gestellt. Vollmundig habe er eine Maut auf allen Straßen gefordert und sei dann zu Recht vom grünen Parteichef Trittin zurückgepfiffen worden. Hermanns Idee einer LKW-Maut selbst in der Sprinter-Klasse auf der kleinsten Landstraße sei zum großen Glück für Handwerk und Mittelstand auch im Sande verlaufen. Rülke: „Gelungen ist nur, was jede Landesministerkonferenz kann: Mehr Geld vom Bund pauschal zu fordern. Zudem wurde einseitig der LKW als Melkkuh des Verkehrs gebrandmarkt. Hier soll deutlich bei der Nutzerfinanzierung draufgesattelt werden. Große Ankündigungen, Null Zielerreichung.“

Nur im Bereich Radverkehr lebe Minister Hermann seine Leidenschaft aus, so der FDP-Fraktionsvorsitzende. Hier gibt das Land jährlich über 20 Millionen Euro aus, für Ortsumfahrungen, Neu- und Ausbauten aber nur 42 Millionen Euro. Das sage alles, so Rülke. Verkehrsminister Hermann setze Themen, die er bei der Verkehrsministerkonferenz unterstütze, im Land nicht um. Beispiele seien mehrjährige Projektfinanzierungen beziehungsweise das Brückensanierungsprogramm. Bei der PKW-Maut sei er als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet. Nach wie vor torpediere der Minister gemeinsam mit seinem Amtschef das Projekt Stuttgart 21, wo immer er könne, sagte Rülke.

Energiewende, Windkraft, Nationalpark, Wasserrecht

 Die FDP-Landtagsfraktion stehe zur Energiewende, so Rülke. Allerdings sei die Konzentration der Landesregierung auf den Ausbau der Windkraft der falsche Weg. Selbst wenn, wie beabsichtigt, bis zum Jahr 2020 rund 1200 neue Windkraftwerke in der Höhe des Stuttgarter Fernsehturms errichtet werden, würden noch 80 Prozent des derzeitigen Strombedarfs fehlen. Die FDP-Landtagsfraktion vermisse ein klares Bekenntnis zum Ausbau der Wasserkraft und der Nutzung von Holz und Biogas. Auch der Bau von Kohle- und Gaskraftwerken der neuesten Generation sei für Grün-Rot kein Thema. Die FDP sei mit ihrem Vorschlag zur Änderung des Landesplanungsgesetzes zum Ausbau der Windkraft auf dem besseren Weg gewesen. Das dann mit grün-roter Mehrheit verabschiedete Gesetz bedeute Kompetenz-Wirrwarr zwischen Kommunen und Regionalverbänden und biete zu wenig Rechts- und Planungssicherheit für Investoren. Neun neue Windräder im gesamten Jahr 2012 im ganzen Land Baden-Württemberg sprächen Bände.

Im Naturschutz werden nach Auffassung der FDP die falschen Prioritäten gesetzt. Der im Parlament auf den Weg gebrachte Gesetzentwurf für den Nationalpark Nordschwarzwald stoße vor Ort auf massive Ablehnung. Trotzdem werden für die Durchsetzung dieses grün-roten Prestigeprojekts Millionenbeträge ausgegeben, auch durch die Schaffung von weiteren Personalstellen. Der ökologische Nutzen sei zweifelhaft. Die Gefahr des Borkenkäfer-Flugs in angrenzende Natur- und Wirtschaftswälder sei nicht auszuschließen.

Die Novelle des Wasserrechts in Baden-Württemberg ziele verstärkt auf die Besitzer von Immobilien und auf Landwirte. Beim Thema Dichtigkeitsprüfung bürde die Landesregierung den Hausbesitzern unnötige Kosten auf. Um diese zu vermeiden, schlägt die FDP-Fraktion vor, eine Prüfung nur anlassbezogen durchzuführen. Der Ausschluss der landwirtschaftlichen Nutzung von Gewässerrandstreifen sei überzogen, insbesondere in einer kleinstrukturierten Landwirtschaft wie hierzulande. Auch hier greife Landesregierung wieder massiv und unnötig in die Eigentumsrechte der Bürger ein, so der FDP-Fraktionsvorsitzende.

Auch beim Flaggschiff der Landesregierung, der Politik des Gehört-werdens gebe es wenig Licht, aber viel Schatten. Man komme jetzt beim Thema Bürgerbeteiligung voran. Aber erst, seit die FDP-Fraktion entsprechende Gesetzesinitiativen eingereicht habe. Vorschläge der FDP-Fraktion zum Thema Direktwahl der Landräte und Informationsfreiheitsgesetz habe die Regierungsmehrheit abgelehnt. Beim Filderdialog, der Polizeireform und dem Thema Nationalpark gelte stets das Wort des Ministerpräsidenten, wonach Gehört-werden nicht Erhört-werden bedeute, so Hans-Ulrich Rülke abschließend.

 

 

 

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